Via Egnatia

Die Via Egnatia gehörte zu den wichtigsten antiken Handels- und Verbindungsstrassen. Sie führte von Durrës (Albanien) über Nordmazedonien und Griechenland bis nach Konstantinopel und steht bis heute für die Verbindung zwischen Westeuropa und Südosteuropa. Auf dieser Route finden auch in der Gegenwart vielfältige Reisebewegungen aus ganz unterschiedlichen Gründen in beide Richtungen statt. Menschen, Objekte, kulturelle Traditionen, Hoffnungen und Ideen sind mobil und schreiben die Jahrtausende alte Geschichte der Via Egnatia weiter.

Die Migrationsforscherin Sandra King-Savic realisierte 2016 ein Recherchevorhaben entlang der Via Egnatia und führte mit der lokalen Bevölkerung zahlreiche Gespräche über ihren Alltag sowie ihre Sicht auf die Via Egnatia, den Balkanraum und ihre Wahrnehmung Europas. Der Dramaturg Serge Honegger wandelte dieses Material in ein Performance-Skript um, das dem Soundscape «I am not alone» zugrunde liegt.

Tour

05.09.2020 Zürich Musée Visionnaire
07.11.2020 St.Gallen Textilmuseum
22.11.2020 Rapperswil Polenmuseum
23.05.2021 Brugg Vindonissa Museum
29.05.2021 Winterthur Münzkabinett
30.05.2021 Basel Jüdisches Museum der Schweiz
27.06.2021 Lausanne Musée des Migrations et des Droits Humains
03.07.2021 Bubikon Ritterhaus
11.07.2021 Langenbruck Skulpturenpark / Kloster Schönthal
15.08.2021 Wettingen Museum Eduard Spörri
21.08.2021 Lenzburg Museum Burghalde / Ikonenmuseum
18.09.2021 Biel/Bienne Kunsthaus Pasquart
24.10.2021 Luzern Gletschergarten
14.11.2021 Bellinzona Museo Villa dei Cedri
21.11.2021 Genève Musée Barbier-Mueller
05.12.2021 Genève Fondation Martin Bodmer

COBBLESTONES

Zu jeder Ausgabe des Live-Soundscapes hat das Ensemble eine Chronistin oder einen Chronisten eingeladen, um das Geschehen in literarischer Form zu dokumentieren. Dieses Material wird von den Musikerinnen und Musikern jeweils in der Folgeaufführung verarbeitet. Als sprachlich-textliche Pflastersteine bilden die Beobachtungen der Chronistinnen und Chronisten die imaginäre Route der Via Egnatia durch die verschiedenen Museen. Eine Auswahl der Texte präsentieren wir in der Rubrik COBBLESTONES.

 

 

GIORGINA HÄMMERLI - Musée Visionnaire

Wenn ich hinter meinem Haus im Garten graben würde – was würde ich gerne finden?

Eine schreit immer nach Maria, einer braucht immer eine Maria, aber es gibt nun mal nicht unendlich viele davon.

Ihr könnt mit uns mitmachen, auch wenn’s total unbequem wird.

Die Wölfin, die Schöne alte, sitzt vor ihrem Bau und lauscht den Geräuschen der Nacht im Raum. Sie trägt grün und orange und leuchtet durch die Nacht. Erzähl mir von dir du Wölfin, wo hast du getanzt, hast du getanzt, wovon hast du geträumt, mit wem hast du geschlafen, was isst du gerne?

 

KOSTA ATHANASOPOULOS - Textilmuseum St.Gallen

Ich könnte mir nie im Leben vorstellen, meine Heimat zu verlassen, in der ich geboren und aufgewachsen bin.

Tanz, Musik und Geselligkeit war euer Leben.

Griechenland hatte euch wieder.

Schicksalsgemeinschaft

 

SARAH ELENA MÜLLER - Polenmuseum Rapperswil

Kann man einen vorherrschenden Ton durch die ihn umgebenden Abweichungen vertreiben? Insistieren auf der Abweichung. Eine Strategie des Konflikts oder des Konsens?

DER TOTE WINKEL, IN DEM DIE SESSHAFTEN SITZEN, VERDRÄNGT DOCH FAST EINEN GANZEN KREIS.

Sich versichern, dass man nicht allein ist. Jedoch wird man nicht glücklich.

Sich im Gegenzug versichern, dass man sehr wohl allein ist. Und glücklich dabei.

Ein glücklicher Esel, der einen Traktor nicht für einen Migrationsgrund hält.

 

SUNIL MANN - Vindonissa Museum

Fünfundzwanzig Jahre Krieg
Grabstein an der Ausfallstrasse
On a dark desert highway
Für den, der es nicht schafft
Heldentaten in Stein gemeisselt
Unvergesslich, alle unvergesslich
Alles Helden, sind wir nicht Helden?
Allesamt
Austauschbar, beliebig

 

RUTH LOOSLI - Münzkabinett Winterthur

Via Egnatia. Seit jeher sind wir Getriebene. Dein Gesang ist unwirklich, ich stolpere über die trockene Erde.

Am frühen Morgen entdecke ich in der Dämmerung, dass ich in einem ausgetrockneten Flussbett gehe. – Durst. Hunger. Meine Haare wurden geschnitten, meine Münzen sind weg.

 

DRAGICA  RAJCIC HOLZNER - Jüdisches Museum der Schweiz, Basel 

Auszug aus dem Gedicht

Euridike
ne želi natrag

popravljam pjesmu
kao duboko uzoranu
četvrtinu
sušne livade
sadim sjeme
neviđeno
nek se nađe jer
kažu
nikad
nije svako zlo za zlo

 

MARIE-JEANNE URECH - Musée des Migrations et des Droits Humains, Lausanne

Toutes ces voix à rebours
s’éteignent l’une après l‘autre.
Reste la plainte,
celle du vent ou celle de l’homme.
Même si celle du vent a plus de force,
plus de détermination, plus d’envergure,
c’est celle de l’homme qui restera dans nos oreilles,
celle qui murmure des histoires qui nous font écho.

 

ALEXANDER MARKIN - Ritterhaus Bubikon

Das Sofa ist eine Schnittstelle zwischen dem Sein und der Nicht-Existenz, es wird für manche auch zum letzten Hafen.

Die Stubenhocker wissen, dass in ihren vier Wänden das Universum steckt.

 

STÉPHANE MONTAVON - Skulpturenpark/Kloster Schönthal, Langenbruck

Ceci pour les temps d'avant la route
et quant à ceux d'après
lorsque le col battu sans cesse par les vents
ne se passera plus que sous l'urgence
dictée par la survie
quand tout le loisir qui fabrique le paysage ne sera plus
Le prochain orage les annonce
L'été sera mousson
Peut-être
Devenir compost
ici – de l'eau du bois, l'abri du relief
un répit, une prolongation –
peut-être
saute

 

KARIN RICHNER - Museum Eduard Spörri, Wettingen

Sie war lange gewandert. So lange, dass sie sich nicht mehr an den Aufbruch erinnern konnte. Vieles hatte sie gesehen. Reissende, schäumende Flüsse nach tagelangem Regen, in der Hitze verdorrtes Getreide, Wälder wie ausweglose Irrgärten. Die Überreste von Beutetieren, eine seltsame Skulptur aus aufgeschichteten Steinen. Menschen war sie keinen begegnet. Sah sie aus der Ferne aufsteigenden Rauch, schlug sie einen weiten Bogen. Der Hunger liess sie Dinge sehen, die nicht da waren. Ihre Träume in der Nacht waren Erinnerungen.

 

SASCHA GARZETTI - Museum Burghalde, Lenzburg

Wie leicht man wird, wenn man über den Schlaf eines Tieres geht, über unverheilte Brüche, die Entzündungen, die ein letztes Wort hinterließ, und alles verknöchert, das Damals und das Heute.

Was eine Stimme aus der Zeit schlägt, wenn sie ihre Türen schließt.

Und wie ein Schmetterling im Beckenknochen aufersteht.

 

ANTOINE RUBIN - Kunsthaus Centre d'art Pasquart, Biel/Bienne

Ces fragments
ce sont déjà des objets
rapportés
Déjà
des archives

Il y aura toujours des musées et des centres
pour conserver les bonnes histoires
la bonne histoire
celle du moment
qu’on aime bien raconter

pour les autres, il y a l’oubli
et pour les oublier
la violence

 

MARTINA CLAVADETSCHER - Gletschergarten Luzern

Ich denke an die Majestät der Felsen, an ihre Rinnsale an den Steinwänden, wie das Blut der Berge, denke an seinen dunklen Glanz, denke an das Wummern im dichtesten Massiv, im Höhlensystem, denke an einen Ausweg. Jeder Tunnel wird aus gutem Grund gegraben.

 

MATTEO TERZAGHI  - Museo Villa dei Cedri, Bellinzona

Un colpo d’aria ci ricorda,
che fuori continua a piovere
e la pioggia spoglia gli alberi del parco,
e anche il grande faggio rosso così giallo
perde le sue foglie:
oggi è il giorno.

Riordinare i quadri
secondo le stagioni?
O l’ora del giorno?
La qualità della luce?
La direzione e la lunghezza
delle ombre?
 

GUILLAUME RIHS - Musée Barbier-Mueller, Genève

Et quand ils s’y mettent à deux pour attaquer la corde de do,
Et quand elle scat dans l’éclisse,
Et quand résonnent « Ma ! Ma ! Ma ! Ma ! Maaaa ! » sous les voûtes,
Quand ça, vraiment, devient une maison de fou.
Je souris.
Et la promeneuse sourit.
La promeneuse chuchote quelque chose à l’oreille du promeneur.

MITWIRKENDE

Performerinnen und Performer

Miro Hanauer, Stimme/Viola
Regina Hui, Stimme/Violine
Andrea Knutti, Stimme/Blockflöten
Eva Mann, Stimme
Anna-Kaisa Meklin, Stimme/Viola da Gamba
Chiara Selva, Stimme/Violoncello
Reto Senn, Stimme/Klarinetten
Beat Vögele, Stimme/Harmonium

 

Chronistinnen und Chronisten 
Giorgina Hämmerli, Musée Visionnaire Zürich, 5.9.2020
Kosta Athanasopoulos, Textilmuseum St.Gallen, 7.11.2020
Sarah Elena Müller, Polenmuseum Rapperswil, 22.11.2020
Sunil Mann, Vindonissa Museum Brugg, 23.05.2021
Ruth Loosli, Münzkabinett Winterthur, 29.05.2021
Dragica Rajčić, Jüdisches Museum der Schweiz Basel, 30.05.2021
Marie-Jeanne Urech, Musée des Migrations, 27.06.2021
Alexander Markin, Ritterhaus Bubikon, 03.07.2021
Stéphane Montavon, Kloster Schönthal, 11.07.2021
Karin Richner, Museum Eduard Spörri Wettingen, 15.08.2021
Sascha Garzetti, Museum Burghalde Lenzburg, 21.08.2021
Antoine Rubin, Kunsthaus Pasquart Biel/Bienne, 18.09.2021
Martina Clavadetscher, Gletschergarten Luzern, 24.10.2021
Matteo Terzaghi, Museo Villa dei Cedri Bellinzona, 14.11.2021
Guillaume Rihs, Musée Barbier-Mueller Genève, 21.11.2021

 

Produktionsressorts

Marcel Babazadeh, Tondokumentation
Naomi Blackwell, Coaching & Translation
Nicole Honegger, Graphikdesign & Print
Aline László, Filmdokumentation
Claudio Mascolo, Communication, Webdesign & Visuals

 

Projektleitung

Manuela Casari, Produktionsleitung
Serge Honegger, Konzept & Dramaturgie
Dr. Sandra King-Savic, wissenschaftliche Begleitung

MATERIAL

Musée Visionnaire Zürich

 

Textilmuseum St.Gallen

 

Polenmuseum Rapperswil

 

Vindonissa Museum Brugg

 

Münzkabinett Winterthur

 

Jüdisches Museum der Schweiz Basel

KONTAKT

info@viaegnatia.ch